Stille ist in unserer lauten Welt etwas sehr Seltenes geworden. Stille heißt: kein Ton, kein Laut ist für uns vernehmbar. So wie wir in den Städten des nachts nur wenige Sterne sehen können, so unmöglich ist es uns auch, den Geräuschen der Stadt zu entfliehen. In der Einsamkeit der Natur finden wir heute Stille wohl noch am Ehesten. Aber ist die ganz große Stille überhaupt erstrebenswert? Ruhe, ja Ruhe tut uns meist gut. Sie stärkt uns gegenüber der Hektik um uns. Aber Stille? Macht sie uns nicht eher Angst? Ist sie überhaupt erstrebenswert?
Ich denke, dass uns auch Stille gut tun kann. Sie manchmal zu suchen kann lohnenswert sein. Wollen wir sie erleben, müssen wir sie suchen. Stille kann nicht gedacht werden. Sie kann nur gefühlt werden. „Höre wo nichts schallt und klingt, so bist du, wo Gott spricht“ (Angelus Silesius im 17. Jhdt.). Die Stille ist die Stimme Gottes.
Es gibt keine Religion, die der Stille nicht große Bedeutung zumißt. Von der Stille können wir Erleuchtung erwarten. Die Stille kann Wohltat sein. Das Sein jenseits des Trubels. Selbst Klänge können wir nur vor dem Hintergrund von Stille hören. Und nicht selten verordnet uns nach Ende eines klassischen Konzertes der Dirigent dann einen uns sehr lange erscheinenden Augenblick von Stille, in dem geräuschlos das Konzert noch nachklingt.
In der Stille die wir manchmal zu finden imstande sind, können wir Kraft schöpfen. In dieser Stille wartet manchmal die Seligkeit auf uns. Sie läßt uns mit uns ganz alleine sein. Manchmal meint man dann, dem, was wir den Sinn des Lebens nennen mögen, sehr nahe zu sein.
Und jene, die Angst vor der Stille verspüren, können sich mit Karl Valentin trösten: „Wenn die stille Zeit vorüber ist, wird es auch wieder ruhiger“.